Impuls zum 15. November 2020
Von Veronika Hüning, (Höhbeck im Wendland), pax christi Diözesanverband Hildesheim
Lied
Herr, dir ist nichts verborgen (GL 428)
Eröffnungsgebet
Gott, der du jeden Menschen kennst, halte mich, halte uns alle in deinem Segen!
Lob, Dank und Bitte bringen wir am heutigen Sonntag vor dich. Wir loben „deiner Werke Pracht“, deine Schöpfung, deine Machttaten in der Geschichte. Wir danken dir für das Leben, das Licht, deine Nähe. Und wir bitten dich: Wende dich uns zu, immer wieder neu!
1. Lesung: Spr 31,10-13.19-20.30-31
Wir danken dir, Gott, für jede Frau und jeden Mann, für jeden Menschen, der seine „Hand öffnet für den Bedürftigen“. Zeige uns den Weg zu denen, die uns brauchen!
Psalm 131 (Übersetzung: „Gute Nachricht“)
Herr! Ich denke nicht zu hoch von mir, ich schaue auf niemanden herab. Ich frage nicht nach weit gesteckten Zielen, die unerreichbar für mich sind.
Nein, still und ruhig ist mein Herz, so wie ein sattes Kind im Arm der Mutter – still wie ein solches Kind bin ich geworden.
Volk Israel, vertrau dem Herrn von jetzt an und für alle Zukunft!
2. Lesung: 1 Thess 5,1-6
Wir danken dir, Gott, dass du uns berufen hast, „Kinder des Lichts“ zu sein. Schenke uns Wachheit und stärke uns mit Vertrauen!
Liedruf
Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter (GL 72,1)
Evangelium: Das Gleichnis von den anvertrauten Talenten
Mt 25, 14-30
In jener Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging: Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.
Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab.
Sofort begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu. Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen. Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Zuletzt kam auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Hier hast du es wieder. Sein Herr antwortete ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast doch gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.
Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.
Gedanken zur Schriftlesung
Liebe Friedensfreund*innen!
Wie sehr hat mich als Kind und Jugendliche das Gleichnis des heutigen Sonntags unter Druck gesetzt und geängstigt! Heute weiß ich, dass ein „Talent“ eine Gewichtseinheit ist, der ein Geldwert entspricht. Damals habe ich mir Talente im Sinne von Begabungen und Fähigkeiten vorgestellt und ich dachte, dass Gott sie uns geschenkt hat, damit wir sie vermehren. Diese Vorstellung wurde noch dadurch genährt, dass mir meine Eltern und Lehrer*innen zu verstehen gaben, ich besäße mehr als nur ein Talent. Ich dachte: Du musst deine Talente einsetzen, viel leisten, ganz Großes und Wichtiges hervorbringen! Dann erst wird Gott mit dir zufrieden sein. Sonst hast du Vorwürfe zu erwarten, Heulen und Zähneknirschen.
Das Gegenbild zu diesem Druck begegnete mir in der Erzählung „Der Segen meines Großvaters“ von Rachel Naomi Remen. Die Verfasserin erinnert sich an ihre Kindheit in einer jüdischen Familie und an ein Ritual, das ihr Großvater an jedem Sabbat mit ihr vollzog: Nach einem Gebet „… wandte er sich mir zu und sagte: ‘Komm her, Neshumele.‘ Ich baute mich dann vor ihm auf, und er legte mir sanft die Hände auf den Scheitel. Dann begann er stets, Gott dafür zu danken, dass es mich gab und dass er ihn zum Großvater gemacht hatte. Er sprach dann immer irgendwelche Dinge an, mit denen ich mich im Verlauf der Woche herumgeschlagen hatte, und erzählte Gott etwas Echtes über mich. Jede Woche wartete ich bereits darauf, zu erfahren, was es diesmal sein würde. Wenn ich während der Woche irgendetwas angestellt hatte, dann lobte er meine Ehrlichkeit, darüber die Wahrheit gesagt zu haben. Wenn mir etwas misslungen war, dann brachte er seine Anerkennung darüber zum Ausdruck, wie sehr ich mich bemüht hatte. Wenn ich auch nur kurze Zeit ohne das Licht meiner Nachttischlampe geschlafen hatte, dann pries er meine Tapferkeit, im Dunkeln zu schlafen. Und dann gab er mir seinen Segen und bat die Frauen aus ferner Vergangenheit, die ich aus seinen Geschichten kannte – Sara, Rahel, Rebekka und Lea –, auf mich aufzupassen.“
Rachel bezeichnet diese Zeit mit dem Großvater als den bedeutendsten und schönsten Teil der Woche. Die Haltung des Großvaters steht im starken Gegensatz zu der ihrer Eltern; die fragen sie zum Beispiel, warum sie nur 98 von 100 Punkten in einer Prüfung erreicht habe. Nach dem Tod des Großvaters vermisst Rachel ihn heftig, seine Art, auf sie zu schauen. Sie schließt ihre Erzählung mit den Worten: „Aber mit der Zeit begann ich zu begreifen, dass ich auf irgendeine geheimnisvolle Weise gelernt hatte, mich durch seine Augen zu sehen. Und dass einmal gesegnet worden zu sein heißt, für immer gesegnet zu sein.“
Wie schauen wir uns selbst an? Wie unsere Friedensarbeit? Zählen wir unsere Leistungen und bedrücken uns unsere Defizite? Setzen wir uns und einander unter Druck, immer mehr zu schaffen, und leiden unter unseren Misserfolgen?
Gott hat uns unsere Kräfte und Charismen gegeben, auf dass wir sie einsetzen zum Wohl unserer Mitmenschen. Ja! Doch ich glaube, er rechnet uns unsere Fehler und Versäumnisse nicht vor. Er, der die Liebe ist, freut sich über das Gute, das wir vollbringen, über jedes kleine Wachstum an Gerechtigkeit und Frieden, das durch unser gemeinschaftliches Engagement in die Welt kommt. Was uns nicht gelingt, dürfen wir getrost in seine Hände legen.
Gott hat jeden einzelnen Menschen gesegnet, vom ersten Atemzug an, dich und mich und alle. Für immer sind wir gesegnet!
Lied
Dass du mich einstimmen lässt in deinen Jubel, o Herr (GL 389)
Gebet
Gott des Lebens! Wir danken dir für die Talente, die du jeder und jedem von uns geschenkt hast, für unsere Fähigkeiten und Kräfte. Du ermutigst uns, sie zur Entfaltung zu bringen und so unseren Mitmenschen zu dienen, so gut wir es vermögen. Wir danken dir auch für unsere Grenzen und Schwächen, denn sie lassen uns demütig bleiben und spüren, dass wir alle aufeinander angewiesen sind.
Wir vertrauen darauf, dass du uns so liebst, wie wir sind, und dass du all unser Bemühen zu einem guten Ende führen wirst.
Wir legen dir heute besonders die Menschen ans Herz,
- die sich nicht geliebt fühlen,
- die allein gelassen und ungeborgen sind,
- die sich selbst und andere unter Leistungsdruck setzen.
Liedruf
Schweige und höre (GL 433,2)
Wir bitten dich auch für alle, die gerade viel Dunkelheit erfahren…
Hier können Beispiele angefügt und eigene Anliegen genannt werden.
Segen
Segne uns und behüte uns. Wende dich uns zu – jeder und jedem von uns, unseren Gemeinschaften und unserer Bewegung. Lass dein Angesicht leuchten über uns. Schenke uns deinen Frieden. Amen.
Lied
Lass uns in deinem Namen, Herr, die nötigen Schritte tun (GL 446) oder
Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott (GL 453)